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Malta 2012

Historisches

Eine Einladung von Freunden hat mir Gelegenheit zu einem Besuch auf Malta gegeben, einer Insel, die trotz Pauschaltourismus in beträchtlichem Umfang vielen Deutschen weitgehend unbekannt ist. Und das, obwohl Malta im Zweiten Weltkrieg massive Angriffe Italiens und Deutschlands abwehren musste und große Zerstörungen erlitten hat. Denn die Insel war als alliierter Flottenstützpunkt nahe Sizilien strategisch äußerst wichtig und hätte andererseits den Achsenmächten in Nordafrika sehr nützlich sein können.

Das seit 1800 britische Malta ist dann 1964 von Großbritannien unabhängig geworden, Elizabeth II. war bis 1974 noch Königin des Landes, das seither als Republik weiter dem Commonwealth of Nations angehört. Seit 2004 ist Malta in der EU und dort spezialisiert auf Steuersteuerungsmodelle und Glücksspiel. Im Grunde steht man damit wirtschaftlich ganz in der Tradition der Insel, deren natürliche Ressourcen eng begrenzt sind und die über Jahrhunderte nicht nur als Hauptstützpunkt des Malteserordens, sondern auch erfolgreicher Piraterie-Unternehmer diente.

Malta
Hof in Mdina

Prägender für die Geschichte der Insel ist aber selbstredend die Übernahme durch den Johanniterorden an sich, der nach der Vertreibung aus Rhodos 1522 seine neue Basis auf Malta fand, das ihm der spanische König 1530 überließ. Schon 1565 kam es zu einer großangelegten Belagerung der Insel durch osmanische Truppen, denen der christliche Ritterorden auch im westlichen Mittelmeer weiter machtpolitische Sorgen bereitete. Der Angriff scheiterte jedoch katastrophal und obwohl die nun als Malteser bekannten Ritter zu weit vom Heiligen Land entfernt waren, um das Anliegen der Kreuzritter weiter zu unterstützen, hielten sie sich bis zur Eroberung 1798/1799 im Zuge der ägyptischen Expedition Napoleons. Schon 1800 kam es zum erfolgreichen Aufruhr gegen die französische Besatzung, deren Frömmigkeit sie nicht an der Plünderung von Kirchenbesitz auf dem noch frömmeren und noch katholischeren Malta gehindert hatte. Die Insel wurde Teil des britischen Reiches, das den Widerstand nicht ohne Eigennutz unterstützt hatte und Malta als Kolonie behielt.

Die strategische Bedeutung der Lage der Insel Malta und des kleineren Gozo nebst dem winzigen Comino zwischen der nordafrikanischen Küste und Sizilien für den ganzen westlichen Mittelmeerraum zeigt sich schon in diesen Entwicklungen, spiegelt sich aber auch schon in der Geschichte der Jungsteinzeit und Bronzezeit, der punisch-phönikischen und römischen Periode und des Mittelalters.

Einzigartig sind aus der Frühzeit vor allem die aus Megalithen errichteten großen Gebäude mit verschiedenen Kammern, die nach allgemeiner Annahme kultisch-religiösen Zwecken dienten. Auch eine unterirdische Kult- und Grabstätte ist erhalten und konnte in kleinen Gruppen und mit strengen Auflagen auch besichtigt werden. Obwohl die Reste der steinzeitlichen Kultur ihren ganz eigenen historischen Platz haben, sind doch in Objekten und Dekor Querbezüge zu anderen mediterranen Kulturen zu ahnen. Zeugnisse der Megalith-Kultur haben sich in verschiedenen Gegenden im westlichen Mittelmeerraum gefunden, so auch im nördlich benachbarten Sizilien, von wo aus Siedler sie vermutlich um 5200 v. Chr. (Ghar-Dalam-Phase) nach Malta brachten. Diese neolithische Kultur kam auf Malta über viele Jahrhunderte und einige unterscheidbare Epochen zu einer hohen Blüte (nach den maßgeblichen Fundstätten: Skorba, Zebbug/Xemxija, Ggantija, Saflieni, Tarxien). Man muss annehmen, dass die Besiedlung der kleinen Inselgruppe von Malta, Gozo und Comino mit dem Ende dieser Hochkulturphase um 2500 v. Chr. zeitweilig erlosch, wenngleich die Gründe völlig im Dunkeln liegen. Die Stabilität prähistorischer Gesellschaften kann schon durch die Verschlechterung weniger Faktoren ins Wanken geraten sein. So können Seuchen, klimatische oder andere landwirtschaftlich bedrohliche Veränderungen, Kriege und anderes in Betracht kommen.

Sicher ist nur, dass Malta nach einer bronzezeitlichen Neubesiedlung (2. Jahrtausend v. Chr.) in historischer Zeit wieder bewohnt war, und dabei sind Einlflüsse aus Nordafrika ebenso wie aus dem italischen Raum festzustellen, nämlich aus dem punisch-phönikischen Kulturkreis und durch römische Besiedlung. Speziell mit dem Reich von Karthago lag die römische Republik ja in langer Auseinandersetzung im ganzen westlichen Mittelmeerraum. Aus der römischen Periode, besonders aus der Kaiserzeit und den ersten christlichen Jahrhunderten, sind verhältnismäßig viele Zeugnisse vorhanden, von Villenanlagen über die recht ausgedehnten Katakomben in Rabat bis zu Einzelfunden wie Amphoren oder Ankern, die die Bedeutung Maltas und Gozos als Handelsstützpunkte unterstreichen.

Das weströmische Reich konnte sich in der Spätantike auch auf Malta nicht behaupten und die Inseln wurden im Zuge der Eroberung Nordwestafrikas durch muslimisch-arabische Herrscher geplündert, wobei ein Großteil der Bevölkerung umkam. Neue Siedler kamen aus dem ebenfalls arabischen Sizilien. Obwohl die Insel durch die lange Herrschaft des Ordens heute streng katholisch ist, hat die islamische Periode markante Spuren hinterlassen: die maltesische Sprache ist im Kern ein arabischer Dialekt, obwohl sie mit lateinischen Buchstaben geschrieben wird und reichlich romanische Lehnwörter gebraucht werden. Die arabische Herrschaft endete im Hochmittelalter durch normannische Eroberung und anschließende Christianisierung (1090, die heutige Flagge nimmt die rot-weissen Farben Rogers I. auf). Diese Ereignisse sind einerseits im Kontext der Kreuzzüge und andererseits der normannischen Fürsten in Italien zu sehen. Mit dem Ende der normannischen Dynastie fielen auch Malta und Sizilien an den Staufer Heinrich VI. (1094); unter Friedrich II. kam es zu einem arabischen Aufstand und der weiteren Durchsetzung des Christentums auf der Insel. Auf das Ende der staufischen Herrschaft in Sizilien (1268, Charles von Anjou) folgte 1282 die Rückeroberung für Peter von Aragon, dem das staufische Erbe legitimerweise zustand. Malta wurde mehrfach als Lehen vergeben, blieb aber grundsätzlich in spanischer Hand. Vom Habsburger Karl von Gent, zugleich spanischer König und als Karl V. seit 1519 deutscher Kaiser, erhielten die Johanniter Malta als Geschenk, nachdem sie 1522 unter dem Druck des osmanischen Sultans Süleyman I. des Prächtigen aus Rhodos abziehen mussten.

Gegenwart und Sehenswürdigkeiten

Geographie und Siedlungen

Malta
Blick von Mdina nach Valletta und zur Nordküste

Malta ist nicht groß, die Insel misst der Länge nach gerade einmal knapp 30 km. Die Bevölkerung von immerhin über 410.000 (zu 93% katholischen) Seelen konzentriert sich außerdem an der Nordküste, speziell im Nordosten der Insel, wo die Hauptstadt Valletta/La Vallette nahtlos in die angrenzenden Kommunen (Sliema, San Giljan, Birkirkara bzw. östlich Birgu, L'Isla/Senglea, Tarxien, Paola, Zabbar…) übergeht. Im Süden liegen vor allem kleinere Orte, sicher auch, weil dort überwiegend hohe Steilküsten zu finden sind, wodurch es nur wenige gute Häfen gibt. Eine Ausnahme bildet die Bucht von Marsaxlokk an der Südostspitze, wo (in Birzebbuga) auch das 1988 in Betrieb genommene große Fracht-Terminal Malta Free Port errichtet wurde. Im Zentrum und im Westen der Insel sind – abgesehen vom gegenwärtigen und einem historischen Flughafengelände – die landwirtschaftlichen Nutzflächen zu finden, und dort liegt auch die alte Hauptstadt Mdina mit der Vorstadt Rabat, wo schon die bedeutendsten Reste aus römischer Zeit zu finden sind. Mdina verlor nach dem gewaltigen Festungsausbau von Valletta an Bedeutung, durch den auch die wichtigsten Hafenbuchten abgesichert wurden. Eine Kette von befestigten Wachtürmen bzw. kleineren Forts sicherte die gesamte Küste der Insel und auch Gozo und Comino. Die kleinere Nachbarinsel Gozo weist eine ähnliche Struktur auf wie Malta selbst, auch dort gibt es einen Haupthafen und die wichtigeren Orte liegen in den wenigen fruchtbaren Tälern.

Malta
Blick über die Hafenbucht auf die Altstadt von Valletta

Valletta

Auch wenn viele Gäste nur wegen des prächtigen Mittelmeersommers anreisen und von Malta vor allem die Küste (häufiger Felsküste als Strände) und die abendlichen Partymeilen kennenlernen: die Insel hat nicht nur große Kulturschätze, sondern jenseits der zersiedelten Nordküste auch beeindruckend schöne Natur zu bieten.

Das politische und gesellschaftliche Zentrum ist ohne Zweifel Valletta, von wo fast alle Buslinien auf der Insel sternförmig ausgehen, so dass Besucher regelmäßig am Rand der historischen Altstadt umsteigen. Nicht nur der Stadtkern selbst, sondern auch die östlich und westlich anschließenden Landzungen jenseits der beiden Hafenbuchten sind schon im 16. Jh. massiv befestigt und danach weiter ausgebaut worden. Damit bietet die Stadt ein in dieser Dimension und Vollständigkeit seltenes Ensemble frühneuzeitlicher Festungsarchitektur. Dem entspricht außerdem die Binnenbebauung in der Altstadt, deren Anlage streng durchgeplant ist und von langen Hauptachsen geprägt wird. Im Zentrum befinden sich der Großmeisterpalast und die Hauptkirche, deren Bauhöhe übrigens auf die ballistischen Anforderungen der Artillerie Rücksicht nehmen musste. Von den Forts und mehreren kleinen Parkanlagen hat man grandiose Ausblicke etwa auf den Grand Harbour.

Mdina, Rabat und das Hinterland

Jenseits von Valletta ziehen zum Einen die prähistorischen Monumente an, deren Lage nichts mit den heutigen Hauptsiedlungen zu tun hat. Zum anderen lohnt die sehenswerte, ebenfalls befestigte Altstadt von Mdina und Rabat mit Museen zu einem großen römischen Haus und Katakomben der gleichen Epoche. Andere Orte haben ebenfalls ihre Sehenswürdigkeiten, oft prächtige Kirchen, und wer Naturerlebnisse sucht, kann im Hinterland oder an der Südküste sogar kleinere Wanderungen unternehmen, ohne vielen Menschen zu begegnen.

Gozo

Die Nachbarinsel Gozo ist von der Nordwestspitze Maltas bequem mit der Fähre zu erreichen: die Überfahrt dauert in der Regel kürzer als die Anfahrt aus Valletta zum Hafen. Sehenswert ist der Hauptort mit der Zitadelle, deren Innenbebauung allerdings nur noch in Ruinen vorhanden ist. Außerdem gibt es auch hier prähistorische Monumente, ein lohnendes archäologisches Museum und viele verstecktere Dörfer und Winkel, in denen weniger Besucher als auf der Hauptinsel vorbeischauen.


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