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Kambodscha – Laos 2007/2008

Prolog

Für die diagnostische archäologische Kampagne im Rahmen des Banteay Srei Conservation Project – Parvis arbeitete ich zwischen Dezember 2007 und Februar 2008 in Siem Reap. Glücklicherweise erlaubte die Projektarbeit meinen schweizerischen Kolleginnen und Kollegen und mir an den freien Tagen, gelegentlich auch nach Feierabend, wunderbare Einblicke in ein hochinteressantes Land mit langer und großer Geschichte und bekanntermaßen sehr bewegter jüngster Vergangenheit.

Unmittelbare Spuren der Herrschaft der Khmer Rouge sind selten offensichtlich, umso mehr aber jene des folgenden langjährigen Bürgerkrieges, der die noch heute allgegenwärtige Bedrohung durch oft unkontrollierte Verminung und Blindgänger (s. Cambodian Mine Action Centre) ebenso gebracht hat wie große Zerstörungen. Jede Familie hat Opfer zu beklagen und weiß Täter in ihren Reihen. Dennoch steht die Aufarbeitung durch explizite Akte wie das internationale Tribunal nicht im Vordergrund, eher haben sich viele Menschen mit dem Geschehenen eingerichtet.

Umso mehr habe ich mich gefreut über die zupackende und optimistische Grundstimmung unter den meisten Ortsansässigen, und zwar unter den einfachen Arbeitern ebenso wie unter akademisch Ausgebildeten. Das Land hat eine im Durchschnitt junge Bevölkerung, die auch unter einfachsten Verhältnissen versucht, ihr Leben erfolgreich zu gestalten. Andererseits ist kein Geheimnis, dass es dabei auch gewaltige Hindernisse gibt. Weite Teile des Landes sind unterentwickelt, viele Dörfer haben nicht einmal verlässlichen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Korruption in Politik und Verwaltung ist bedauerlicherweise häufig und führt beispielsweise immer wieder zu problematischen Großprojekten (Abholzung, Staudämme, Plantagenwirtschaft), während es gleichzeitig um die Rechte der politischen Opposition und von Arbeitnehmern oder von Privatpersonen, die bei solchen Projekten hinderlich sind, nicht zum Besten steht.

Das Khmer-Reich von Angkor – Tradition und Identifikation

Angkor-Region
Die Angkor-Region mit den bedeutenderen archäologischen Komplexen
(Karte: S. Hoffmann; ZAAK 4 (2012), 29 Fig. 2)

Ein gemeinsamer Anknüpfungspunkt für die Nation liegt in der Rückbesinnung auf das bedeutende Angkorianische Reich, dessen Aufstieg im 9./10. Jh. n. Chr. begonnen hatte und das bis weit in das 14. Jh. hinein wesentliche Teile des heutigen Kambodscha beherrschte und seinen Einfluss auch noch im südlichen Laos und vor allem in Teilen des heutigen Thailand geltend machte. Dabei können die genauen Grenzen aus heutiger Sicht verschwimmen und sie haben sich zum Teil auch während jener Jahrhunderte verschoben, was für die südostasiatischen Reiche nicht ungewöhnlich ist. Denn es mangelt oft an präziser historischer Überlieferung. Wesentlicher scheint aber noch, dass jene Staatsgebilde sehr auf ihr Machtzentrum fokussiert waren, weshalb andererseits Schwäche der Zentralherrschaft rasch zu Instabilität in den Randbereichen führte, indem sich entweder stärkere örtliche Unabhängigkeit ergab oder angrenzende Herrscher die Gelegenheit zum Ausbau ihres Einflusses in den Grenzgebieten nutzten. Keine Frage ist indes, dass in den aufeinander folgenden Hauptstädten bzw. Palastsitzen in der Angkor-Region über mehrere Jahrhunderte großer Wohlstand herrschte, der Kulturleistungen von Weltrang ermöglichte. Damit sind nicht nur die prächtigen Tempelanlagen gemeint, die heute den größten Eindruck auf Besucher machen dürften. Aus kulturgeschichtlicher Sicht bilden die wasserbaulichen Leistungen das Fundament für Erfolg und Wohlstand des Königreiches, von denen die großen Speicherbecken in der Angkor-Region am bekanntesten sind. Neuere Forschungen haben aber gezeigt, wie flächendeckend im Kulturland Wassermanagement betrieben wurde. Das Wasserangebot bildet im grundsätzlich günstigen tropischen Klima den entscheidenden Faktor für den landwirtschaftlichen Ertrag, denn im jahreszeitlichen Verlauf sind es vor allem die Schwankungen der Niederschläge zwischen bedrohlichem Überfluss während des Monsun und längerer Trockenzeit.

Doch sind diese Überlegungen für das heutige Bild vom Angkorianischen Reich gar nicht so wichtig. Denn der angesprochene Bezugspunkt ist ein imaginierter, dessen historischer Kern zweitrangig ist. Wichtig ist eher, dass die in Kambodscha weiterhin bestehende Königsherrschaft in direkter Nachfolge der einstigen mächtigen Herrscher gesehen wird. Während der Jahrzehnte des Bürgerkriegs nach Ende der französischen Kolonialherrschaft, die Kambodscha ohne Krieg hatte hinter sich lassen können, und bis in die ersten Jahre der nationalen Aussöhnung nach 1990 verkörperte mit König Norodom Sihanouk ein einziger, noch dazu charismatischer Mann dieses Königtum. Sein Lebenslauf spiegelt die wechselvolle Geschichte des Landes wider, gleichzeitig scheint es ihm gelungen zu sein, seine Autorität und zugleich jene des kambodschanischen Königshauses zu bewahren. Kein Wunder also, dass für das Nationalbewusstsein die unbestritten ruhmvolle Hochphase des angkorianischen Reiches eine große Rolle spielt. So sind auch für viele Einwohner in der Gegend um Siem Reap die sichtbarsten Zeugnisse jener Epoche, nämlich die großen Tempelanlagen der Angkor-Region, nicht nur als Touristenmagnete ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Daneben werden viele von ihnen weiter als Orte religiöser Verehrung wertgeschätzt und sie finden eben als Monumente der eigenen Vergangenheit Interesse.

Impressionen

Es versteht sich, dass die berühmten Baudenkmäler des Landes für mich aus fachlichem Interesse noch größere Anziehungskraft hatten als für andere Besucher. Doch unsere Arbeit ermöglichte auch engen Kontakt mit normalen Einwohnern und schärfte gleichzeitig den Blick für die Besonderheiten des heutigen Alltagslebens. So finden sich folgend Eindrücke aus Vergangenheit und Gegenwart gleichermaßen.

Der Zeitplan für die Projektarbeiten in Siem Reap war eng, und so war neben der Grabungsarbeit in Banteay Srei von Montag bis Freitag auch am Wochenende Büro- und Dokumentationsarbeit nötig. Glücklicherweise konnten wir von unserem Quartier aus viele Sehenswürdigkeiten so gut erreichen, dass auch ein Ausflug am Nachmittag oder am frühen Abend noch lohnte.

Die Bilderserien sind grob nach Orten bzw. den wichtigeren Tempelanlagen geordnet. Beim Klick auf die Links öffnet sich eine Ansichtsversion in Bildschirmgröße.

Für die bildschirmgroße Darstellung wird eine angepasste Version des "Magnific Popup" eingesetzt.


Jahreswechsel in Laos

Während der Kampagne gab es nur nach Weihnachten und über den Jahreswechsel die Gelegenheit, ein verlängertes Wochenende zu nutzen, um ein weiter entferntes Reiseziel zu sehen. Ein Teil des Teams fuhr über Phnom Penh an die Küste bei Sihanoukville, entschied sich also für die kambodschanische Version des Badeurlaubs. Mit einem Kollegen ging es für mich hingegen in die andere Richtung, nämlich mit Kurzstreckenflug nach Pakse im südlichen Laos.

Die Stadt liegt am Mekong, der hier die Grenze zwischen Laos und Thailand bildet. So waren auch wegen der Neujahrstage viele thailändische Besucher anzutreffen, für die Laos ein billiges und nahes Urlaubsziel ist. Die Stadt selbst gibt keinen ganz falschen Eindruck von Laos, das zwar sozialistisch geführt ist, aber durchaus pragmatisch marktwirtschaftliche Öffnung betreibt. Auch einige Reste der Kolonialzeit sind vorhanden. Für uns als touristische Besucher war es aber in erster Linie der große Strom des Mekong, der als Lebens- und Verkehrsader beeindruckt. Etwa zwei Stunden südlich der Stadt liegt mit Wat Phou eine der nördlichsten Tempelanlagen, die Einfluß der angkorianischen Kultur erkennen lassen. Das bergige Hinterland bietet Natur in Überfülle: riesige Wasserfälle, dichten Dschungel und ländliche Szenen in den Dörfern auf dem Bolaven-Plateau.


Zwischenstation Bangkok

Auf der Rückreise nach der langen und anstrengenden Kampagne ergab sich die Möglichkeit, einen Tag in Bangkok zu verbringen, wo sowieso ein Umstieg von der regionalen Fluglinie auf den Interkontinentalflug nötig war. Für einen Eindruck von der großen Metropole hat die Zeit allemal ausgereicht. Der Kontrast zwischen den einfachen und eher kleinstädtischen Verhältnissen in Siem Reap und der scheinbar endlosen und sehr modernen Großstadt Bangkok könnte kaum größer sein. Nur Moskitos gibt es an beiden Orten. Allerdings sind die Kontraste innerhalb der thailändischen Hauptstadt ebenfalls groß, denn die Spannbreite reicht von Armenvierteln über schlichtere Wohnquartiere bis zu den Wolkenkratzern und dem herausgeputzten historischen Zentrum.




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